Der Maler Brosch und der Dichter Trakl
Der Dichter malt und der Maler berichtet.
Der Maler Klemens Brosch und der Dichter Georg Trakl haben beide den Ersten Weltkrieg als Soldaten an der Front miterleben müssen und haben von außen her versucht, uns diese „Menschen- Tollwut“ zu schildern. Bei beiden jungen Männern (weil sie das waren, bevor sie freiwillig unserer Erde „Adieu“ sagten) sind die beiden Kunstgattungen Malen und Schreiben nicht voneinander zu trennen. Der Dichter malt und der Maler berichtet – gewalttätig wurden die Grenzen gesprengt. Versöhnt wurden die Grenzen wieder durch Morphium – aufs Neue zusammengekittet wie ein zerschlagenes Sparschwein aus Porzellan. Trakl hat versucht seinen zertrümmerten Kindheitsschatz für uns in dem Buch „Sebastian im Traum“ nochmals zu erwecken:
„O, wie dunkel ist diese Nacht. Eine purpurne Flamme
Erlosch an meinem Mund. In der Stille
erstirbt der bangen Seele einsames Saitenspiel“
Von dem in Linz geborenen Klemens Brosch (1894), dem in „Belvedere“ neulich eine Retrospektive gewidmet war, kennen wir das Bild: „Schlummernder über Schnee vor dunklem Himmel“.
Beide Künstler sind unverschämt, weil sie ihre Welt ernst nehmen mussten trotz ihrer Gespaltenheit.
„Here I lay in my cold little bed
please Sister Morfin,
turn my nightmary into dream“
Da springt eine andere Kunstsparte uns bereits zur Hilfe herbei: Musik von den Rolling Stones als Erklärung der Arbeitsmethoden der beiden früh gestorbenen Meister. Trakl mit 27 Jahren , inzwischen mit einer Superstar- Aura in West-Europa und in England. Eine wichtige Säule in Literatur und Musik- die moderne Schwarze Romantik ist ohne ihn undenkbar; auf Französisch, Englisch und Niederländisch übersetzt und auf alle Fälle – und beinahe ausnahmsweise – als „ehrlicher Dichter“ befunden und kein „romantischen Lügner“. Brosch verließ unser Paradies im Alter von 32 Jahren und ist noch immer für „unentdeckt“ zu halten, obwohl sein Schaffen auch für einen Superstar à la Escher prädestiniert ist, dank seinen vielfaltigen Dimensionen. Mindestens acht weltberühmte Plakate würde ein gewiefter Verleger und Distributor daraus machen können.
Die Perspektive war in beider Leben kaputt geschossen. Die Morphine sind bei beiden Künstlern nicht wegzudenken. Für die Wiederherstellung eben dieser Perspektive auf neuen Wegen, aber dieses Mal unzerstörbar: auf Papier. Unter eigener Regie und mit eigenen Waffen. Geist und Tinte anstatt von Machtwollust und Blei. Oder: Tinte als Verlängerung von Blut, das dem eigener Herzschlag folgt.
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